Wer nicht mutig genug ist, Risiken einzugehen, wird niemals etwas im Leben erreichen.“
Wenn
man mehrere Wochen am Stück verletzt ist, hatte ich Zeit, mir
Gedanken über das Laufen an sich zu machen, ein wenig auch zu
philosophieren.
Mit
zunehmendem Alter habe ich das Gefühl immer öfter in die
Philosophie zu gleiten. Aber man soll ja das Hirn so oft wie möglich
beschäftigen. Und da ist doch das Philosophieren das schönste was
man machen kann.
″Laufen
schafft Raum und Zeit zum Nachdenken.″
Bloß:
worüber? Vielleicht einmal Nachdenken über das Laufen an sich.
Nachdenken über eine Diskussion die ich vor kurzen mit Läuferinnen
und Läufern der unterschiedlichsten Alters- und Leistungsklassen
geführt habe.
Anlass
für den teilweise hitzige Diskurs warm die in den verschiedenen
Foren und Gruppen immer wieder aufkeimende Leistungsdebatte,
besonders beim Marathon.
Ist
Marathon ein Lifestyle oder noch Sport?
Ist
eine Zielzeit von 4:30 noch ein Marathonlauf?
Habe
ich einen Marathon gefinisht, wenn ich zwischendurch gehe?
Da
ich bis jetzt erst einen Marathon gelaufen bin, in 4:31, habe ich
versucht mir einige Gedanken zu machen. Insbesondere hinsichtlich der
Frage habe ich jetzt einen Marathon gefinisht oder doch nicht? Bin
ein richtiger Marathoni....oder?
Aber
von Anfang an!
Die
Legende vom Marathon
Um
die Schlacht bei Marathon rankt sich die Geschichte des Boten
Pheidippides. In der verbreitetsten Version der Geschichte soll
Pheidippides die Kunde des Sieges vom Schlachtfeld in das ungefähr
40 km entfernte Athen gebracht und nach Überbringung der Nachricht
an Erschöpfung gestorben sein.
Weshalb
dieser kurze Exkurs in die Welt der Mythen und Legenden?
Diese
Entfernung dürfte allerdings für einen geübten Läufer keine
Schwierigkeit dargestellt haben. Auch ist keine Zeit überliefert in
der Pheidppides den Lauf bewältigt hat.
Die
Geschichte des Pheidippides tauchte das erste Mal bei Plutarch, der
ca. 600 Jahre nach der Schlacht lebte auf, von daher halten
Historiker sie für nicht wahr.
Zurück
in die Gegenwart
In
der heutigen Zeit hat das Laufen und besonders der Marathon einen
anderen Stellenwert. Für die einen ist die Königsdisziplin der
Leichtathletik eine sportliche Herausforderung. Für andere ein
Lifestyle, ein muss, welches in die Vita gehört.
Unbestritten
ist das Laufen eine Massenbewegung, der Marathon nicht wirklich.
1979
wurde die Zahl der deutschen Marathonläufer auf 10.000 geschätzt
und es fanden rund 50 Marathonläufe in Deutschland statt. 2005
wurden in Deutschland 153 Marathonveranstaltungen angeboten und der
harte Kern der Marathonläufer wird vom auf rund 100.000 Aktive
geschätzt.
Das
sind dennoch weniger als ein Prozent aller Laufsportler. Viele laufen
den Marathon einmal, Mission erfüllt und gut.
Richtig
ist das sich seit den 1970er Jahre die durchschnittlichen
Finisherzeiten von 3:30 auf 4:30 verschoben haben. Was aber
letztendlich auch der gestiegenen Anzahl der Teilnehmer geschuldet
ist.
Zurück
zur Ausgangsthese bin ich ein Marathoni wenn ich mit 4:30 ins Ziel
komme der zwischendurch gehe?
In
den Regeln steht nichts davon, das ich nicht gehen darf. Und ich aus
dem rennen genommen werde.
Zielzeiten
geben die diversen Veranstalter vor. Sie betragen durchschnittlich um
die 6 Std. netto. Ist das noch laufen?
All
diese Fragen kann nur jeder für sich selbst beantworten. In meiner
AK M 55 liegt die Deutsche Jahresbestzeit bei 2:32, also doppelt so
schnell wie meine Zielzeit beim ersten Marathon! Meine Antwort darauf
ist, ich muss noch einen Marathon laufen.
Einige
waren der Meinung das es für Marathons Qualizeiten geben sollte. Das
wir es m.M. Nach nicht geben, da es wirtschaftliches Harakiri für
die Veranstalter wäre.
Die
Diskussion wird weitergehen, solang es Marathonläufe gibt. Es gibt
nicht die Lösung, weil es meiner Einsicht nach kein Problem gibt.
„Beim
Laufen ist es egal, ob du als erster ins Ziel kommst, oder mit der
Masse, oder als letzter. Du kannst sagen: ‚Ich habe gefinished.‘
Und darin liegt jede Menge Genugtuung.“ (Fred Lebow)
Für
mich ist jeder, der in der Zielzeit ankommt ein Sieger.
„Es
gehöre zu den Momenten im Leben, in denen Zwecke
und
Ziele entfallen. Erkennt dies ein Läufer, wird er belohnt:
mit
Gedanken″.
Jetzt
habe ich noch immer nicht versucht die Frage beantwortet, was das
Laufen dem Läufer eigentlich bringt. Es gibt darüber viele
Theorien: Laufen steigert die körperliche Fitness, der Läufer
möchte Pokale und Medaillen gewinnen oder sich mit anderen messen.
Laufen
ist so herrlich einfach, Schuhe an und los: Es gibt gute Gründe
dafür, warum Laufen Volkssport Nummer 1 geworden ist. Ob im Wald, im
Park, auf der Straße, ob vor oder nach der Arbeit, im Sommer, im
Winter und natürlich bei Wettkämpfen – laufen kann man überall
und jederzeit, es ist vielseitig und für jeden einfach und günstig
machbar.
Es
gibt Menschen, denen macht laufen tatsächlich Spaß ohne irgendwas
dazu; das sind wohl die Wahnsinnigsten. Und nicht zu vergessen sind
die Charaktereigenschaften, die dieser Sport fördert: Disziplin,
Ausdauer und Durchhaltewillen.
Was
macht die Bewegung mit unserem Geist? Zunächst einmal wird der Kopf
leer: Der Ärger von der Arbeit oder der Beziehung ist nicht mehr
ganz so schlimm. Es wird Raum geschaffen für neue Gedanken, zum
Philosophieren.
Ein
Gespräch mit Aristoteles, Kierkegaard oder Schiller wäre ein
besonderes Ergebnis eines Laufes.
„Vor
allem verliere nie die Lust am Gehen. Ich gehe jeden Tag zu meinem
Wohlbefinden und entferne mich so jeder Krankheit. Ich habe mir meine
besten Gedanken ergangen und ich kenne keinen noch so großen Kummer,
den man nicht weggehen kann.“ (Sören Kierkegaard)
Unter
Umständen werde ich nicht nur mit besseren Gedanken belohnt,
sondern
nach dem Laufen auch mit einer höheren Konzentration. Eine schlechte
Konzentration macht bei einem Dialog die besten Gedanken kaputt.
Aber
es steckt noch mehr dahinter: Es schult den Charakter und verhilft zu
mehr Freiheit, erweitert den Horizont und lehrt viel über einen
selbst und die Welt um einen herum.
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